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Artikel über das Amt für Sporenabwehr

Willkommen beim Fernschreiber [Dem Amt für Sporenabwehr & Kurzgeschichten & seinem Roman]

Der Fernschreiber ist ein unbekannter Schriftsteller, der hier täglich über das >>> Amt für Sporenabwehr Artikel schreibt. Manchmal erscheinen die Artikel unregelmäßig, wer genau dieser Fernschreiber ist, spielt keine Rolle! Hier gibts auch noch Kurzgeschichten von ihm >>> Kurzgeschichten

Das Amt für Sporenabwehr

Mitarbeiter der Abteilung Sporenabwehr in einer vollen U-Bahn, umgeben von maskierten Menschen.
Der Mann von der Apt. Sporenabwehr.

1. Der Anruf

Gegen fünf Uhr rief das Amt für Sporenabwehr an. Die Männerstimme plapperte aus Joans Telefon in knappen, monotonen Sätzen. Ihre Hände kalt und feucht, gerade so, als wäre schon alles unterschrieben.

Auf dem Küchentisch lag ihre to-do-Liste, ihr persönlicher Haftbefehl. „Einen Moment“, flüsterte Joan in den Hörer und legte ihn neben das Telefon. Der Kühlschrank summte. Diese Typen tragen alle graue Uniformen, mit einem einhämmernden Zeichen drauf.

An diesem Morgen fasste Joan den Entschluss, aus dieser Angelegenheit auszusteigen. Sie legte den Hörer auf die Gabel und unterbrach damit die Verbindung. Die Welt hielt den Atem an. Den ganzen Morgen schrieb sie an einem Manuskript über strukturelle Modifikationen der Zirbeldrüse. Das Kabel in der Wand knisterte. „Bald brennen hier alle Sicherungen durch!“, dachte Joan.

Dann wird demnächst auch noch die Zwei-Tages-Frist für ihren Antrag auf Aufschub verstrichen sein. Die Server speichern alles. Am Abend lag dann ein karierter Zettel vor ihrer Haustür: „Bitte beantworten Sie unsere Anfragen frist- und sachgerecht!" Gez. Abt. Sporenabwehr. Sie legte den Zettel in die Ablage.

Noch drei so Tage, und sie könnte eine LED-Birne aus ihrem Kopf schrauben. Waren die Möbel überhaupt Möbel? Die Welt um sie herum murmelte über alle erdenklichen Auflagen. Wie hinter Plexiglas.

Spät am Abend kam dann noch der Bote des Amtes. Stumm wie ein Fisch, übergab er ihr das Formular. Joan legte auch das in die blaue Ablage. Der Bote verzog seine schmalen Lippen und verschwand im Hintergrund. "Die Sporenabwehr benötigt ihre Mitarbeit!" Lautete die Überschrift. Etwas Unbearbeitbares lag in der Luft.

Mitarbeiter der Abteilung Sporenabwehr in einem Großraumbüro voller Computer.
Joan – die Stimme aus der Gegensprechanlage.

2. Das Entsperrmuster

Gegen Nachmittag klopfte es an der Tür. Joan blieb sitzen. Dann läutete es. Sie stand auf und drückte den Knopf der Gegensprechanlage. „Wer ist da?“, das Formular lag immernoch unbearbeitet in der Ablage. „Nur Routine“, schepperte eine Stimme aus dem kleinen Lautsprecher.

In der Steckdose flimmerte es. Die Wolken vor dem Fenster sahen aus wie stehen gebliebene Asche. Joan überlegte, ob im Kühlschrank noch genügend Lebensmittel waren.

Wozu braucht diese Welt überhaupt Formulare? „Es geht um ihre aktuelle Entsperrmuster der Sporenabwehr!“, schepperte die Stimme aus der Gegensprechanlage weiter.

„Ich weiß nicht, ob ich das brauche!“, sagte Joan und griff nach dem Formular aus der Ablage. "Das läuft doch alles nur auf eine penetrante Selbstbefragung hinaus. Und das wiederum läuft auf Traumkrebs hinaus!"

„Gibt es dazu auch eine Checkliste?“, wollte Joan wissen, um Zeit zu gewinnen.

„Die Sporenabwehr im persönlichen Umfeld braucht keine Checkliste. Füllen Sie einfach das Formular frist- und sachgerecht aus, dann wird der Entsperrmuster aktiviert!“, schepperte die Stimme.

Warum waren diese Formulare eigentlich immer vordatiert? ... Damit die Sporenabwehr aktiviert werden kann, benötigen wir das aktuelle Entsperrmuster! Stand unter der Überschrift.

Noch mehr von diesen Tagen, und Joan würde die infernale Diskussion mit dem Rauchmelder beginnen. Die Welt war ein scheiß Kubus.

Sie lauschte den hektischen Stimmen im Hausflur, wahrscheinlich zwei Nachbarinnen. Sie redeten über ihre Frisuren.

Im Treppenhaus stand ein Stuhl. Joan legte das Formular in die Ablage zurück. Die alte Frau, die sich den Stuhl ins Treppenhaus gestellt hatte, lebt nicht mehr.

Das Unprüfbare war zu einem festen Bestandteil des Systems geworden.

Mitarbeiter der Abteilung Sporenabwehr an einem Kopierer im Großraumbüro.
Anton – Abt. Sporenabwehr am Kopierer.

3. Das Amt

Die Kontrolllampe des Rank-Xerox-Kopierers blinkte. Anton arbeitete in der Abteilung für Sporenabwehr. Nervös blickte er um sich. Er wollte keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Er hasste penetrante Fragen von Mitarbeitern. Er stand ratlos neben dem Kopierer und überlegte, ob es sich vielleicht nur um einen Papierstau handelte.

Über den Trennwänden des Großraumbüros leuchtete das bläulich-weiße Licht der Leuchtstoffröhren ununterbrochenen. Bis auf eine Leuchtstoffröhre in der Nähe der Toiletten, die flackerte und brummte.

Anton wollte 50 Kopien des neuen Sporenabwehr-Protokolls und des dafür notwendigen Formulars- das FSP E42 ausdrucken. Es ging um das aktualisierte Entsperrmuster. Denn ohne implementierung eines aktualisierten Entsperrmusters war das Sporenabwehrprotokoll schon bald wirkungslos.

„Wahrscheinlich doch nur ein Papierstau“, dachte Anton und untersuchte so unauffällig wie möglich das Gerät. Die Anzeige flimmerte. Die kleinen Lämpchen in dem Gerät waren nicht mehr die neusten.

Anton beugte sich nach unten und zerrte an Klappe A. Es gab noch eine Klappe B und C. Der Mitarbeiter in Zelle 623 B schielte über die Trennwand.

„Dieser Kopierer erfüllt seine Funktion nicht!“, sagte Anton zu dem neugierigen Mitarbeiter in Zelle 623 B. „Melde es der Büro-Support-Einheit!“, empfahl der Mitarbeiter aus Zelle 623 B.

Anton zog an dem Bogen Papier, der zwischen zwei Walzen klemmte. Dabei zerriss er es.

„Die Abteilung für Sporenabwehr hat zwei Kopierer desselben Modells. Vielleicht benutze ich einfach den anderen Kopierer!“, sagte Anton zu dem Mitarbeiter in Zelle 623 B, so leise wie er konnte, um nicht noch mehr Mitarbeiter auf sich aufmerksam zu machen.

„Falls Sie mit diesem Kopierer das aktuelle FSP E42 kopieren wollten und in dem Gerät noch ein Exemplar davon steckt, dann muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie es erst entfernen lassen müssen, weil ein FSP E42 einer Freigabe 2B unterliegt!“

„Warum haben Kopierer überhaupt so viele Klappen?“, murmelte er. Er schaute nervös um sich.

Die Luft im Großraumbüro roch in erster Linie nach dem hellgrünen Plastikfaser-Teppich.

„Ich muss diese Sporenabwehrprotokoll Entsperrmuster Sache heute abschließen, sonst haben wir hier ein Problem“, dachte Anton. An seiner linken Hand klebte Tonerstaub.

Auf der grauen Pinnwand neben dem Gerät hing eine laminierte Anweisung, was im Falle eines technischen Problems zu tun war. Jemand hatte mit Kugelschreiber eine Nummer der Büro-Support-Einheit daneben gekritzelt.

Anton hörte wie jemand aufgeregt aufs eine Tastatur hämmerte.

Er zerknüllte das Papier und warf es in den Papierkorb. Dann starrte er auf die hingekritztelte Nummer der Büro-Support-Einheit.

Das aktualisierte Sporenabwehrprotokoll wird hoffentlich auch solche unangenehmen Situationen ausmerzen, dachte Anton.